Generative KI in der Geoinformatik: was sie kann und was sie kostet

Der WOW Effekt: superresolution images

Fasziniert schiebe ich den slider von links nach rechts und wieder zurück. Ich habe für diesen Blog eine Javascript Anwendung gebastelt, die zeigen soll, was generative KI in der Geoinformatik kann.

Das erste Bild ist eine Echtfarben-Aufnahme des europäischen Sentinel2 Satelliten mit 10m Auflösung. Das Areal rund um den TechnoZ Campus der Universität Salzburg ist nur recht verschwommen erkennbar. Schiebt man den slider nach links zeigt die generative KI, was sie kann: plötzlich wird alles scharf, man erkennt Straßen, Häuser, sogar einzelne Bäume werden sichtbar. Der KI-Trick ist so simpel wie genial: mit hochaufgelösten Luftbildern vieler Städte trainiert, verwandelt die KI ein rotes 10 mal 10 Meter Sentinel-Pixel in ein Hausdach, verbindet graue Pixel zu einer Straße und lässt aus Pixeln mit verschiedenen Grüntönen einen Park erstehen.

Wo ist das TechnoZ!?

Ich suche auf dem KI-geschärften Bild nun das TechnoZ. Vergeblich, wie ich feststelle. Der Schotter unseres Flachdaches bietet einer Satellitenkamera nur recht undifferenzierte Grautöne. Die KI halluziniert also einen Großraumparkplatz anstelle unseres Gebäudekomplexes. Im zweiten slider-Bild habe ich das superresolution Bild einem hoch aufgelösten Orthophoto gegenübergestellt.

Ich beginne nach Fehlern zu suchen: der kleine Park ist eigentlich ein Kreisverkehr, das Flusskraftwerk sieht aus wie eine Brücke und die abgestellten Postbusse im Südosten des Bildes wurden als Gewerbehalle halluziniert. Die super-resolution ist bei genauerer Betrachtung eine fake-resolution. Wunderbar für eine plausibel wirkende Visualisierung, für analytische Zwecke jedoch ungeeignet.

Auf der Achterbahn des Gartner Hypes

Meine Recherche zu den Benefits der generativen KI in der Geoinformatik wirbelte mich um die Kurven des Gartner Hype Cycles jeder technischen Innovation: auf den WOW Effekt folgt die Desillusion. Erst dann kann man sich auf den Pfad der Erleuchtung begeben und nach sinnvollen Anwendungen suchen.

Eine spannende Zeit für wissenschaftliche Forschung. Vieles ist offen und es ist noch nicht klar, ob nicht doch auch analytisches Potential in AI generierten superresolution Images steckt. Oder ob generative AI in anderen Anwendungsfeldern der Geoinformatik ihren Durchbruch findet, etwa in einer selbst-organisierenden und höchst geographischen Orchestrierung des Internet of Things, in dem nahe Sensoren und Geräte stärker miteinander verbunden sind als ferne Dinge. Ein unerschöpfliches Spielfeld für Simulationsmodellierer wie mich: wie flüssig würde der Verkehr wohl fließen, wenn smarte Mistkübel am Straßenrand mit smarten Autos redeten und smarte Lieferdienste steuerten? Wo dieses Plateau der Produktivität liegt, gilt es herauszufinden und als Gesellschaft müssen wir definieren, welche Rahmenbedingungen dieses produktive Plateau der maschinellen Intelligenz allenfalls bekommen sollte.

Was kostet’s?

Diese Frage stelle ich mir nicht primär aus finanzieller Sicht. Am 6. Dezember 2024 titelt eine österreichische Tageszeitung: „KI-Energiehunger sorgt für Auferstehung eines US-Atomzombies“ (Der Standard, 6. Dezember 2024). Gemeint ist das Three Mile Island Kernkraftwerk in Pennsylvania. Reaktor 2 dieser Anlage wurde nach einem gravierenden Atomunfall mit partieller Kernschmelze 1979 vom Netz genommen. Reaktor 1 ist seit 2019 stillgelegt. Ab 2028 wird der Reaktor wieder in Betrieb gehen. Die Firma Microsoft hat sich die exklusiven Stromrechte auf 20 Jahre gesichert, um ihre KI-Modelle trainieren zu können.

Die anderen Giganten am Markt der Generativen KI stehen Microsoft um nichts nach. Meta, der Anbieter von Facebook und Instagram will in seine Kommunikationsplattformen zunehmend KI integrieren. Dazu plant der Konzern den Bau eigener Kernkraftwerke in den USA (Der Standard, 4. Dezember 2024). Im Juni desselben Jahres sieht man Bill Gates beim Spatenstich zum Bau eines Atomreaktors (Der Standard, 13. Juni 2024), Google-Manager Michael Terrel spricht von sechs oder sieben Kernkraftwerken, die geplant sind (Financial Times, 14. Oktober 2024), und auch Amazon erwarb ein Datenzentrum samt 10-jährigem Stromliefervertrag aus dem dazugehörenden Atomkraftwerk.

Der Energie- und Ressourcenhunger generativer KI ist groß. Wind- und Photovoltaikanalagen sind aufgrund ihrer hohen Volatilität nicht gut geeignet, sodass die großen Player der generativen KI auf die Grundlaststrom erzeugende Atomkraft setzen. Wieviel Strom tatsächlich gebraucht werden wird, lässt sich jedoch schwer quantifizieren. Derzeit konzentriert sich die Forschung zur Technologiefolgeabschätzung noch auf den Energieverbrauch von Datenzentren, in denen das Training der KI-Modelle mit extrem leistungsstarken Grafikkarten stattfindet. Weltweit wird derzeit nur 1% des Stroms für Datenzentren verwendet (de Vries, 2023), in Irland waren es 2023 jedoch schon über 20% (Central Statistics Office Ireland, 2023). Schwieriger abzuschätzen ist der zu erwartende Strombedarf durch die Nutzer. Ein Anhaltspunkt gibt die Gegenüberstellung einer Google-Anfrage mit einem Stromverbrauch von 0,3 Wh pro Anfrage (Hölzle, 2009) und einer ChatGPT Anfrage, die etwa 3 bis 9 Wh pro Interaktion verbraucht (de Vries, 2023). Noch schwieriger ist eine Vollkostenrechnung, in der auch der Verbrauch von Wasser zur Kühlung der Server und der Bedarf an seltenen Erden für die Herstellung von Hardware berücksichtigt wird. Li et al. (2023) schätzen, dass bei einer typischen Frage-Antwort Kommunikation mit ChatGPT etwa ein halber Liter Trinkwasser verbraucht wird.

Was sich aus der Dimension der publizierten Zahlen ablesen lässt: nur die ganz großen Anbieter können im technologischen Wettlauf um die generative KI mithalten. Was es nun bedeutet, dass die gesamte KI-gestützte Technologie von der Kommunikation bis hin zur selbst-lernenden Automatisierung in der Hand weniger Firmen ist, bleibt abzuwarten.

Der Zweifel ist der Weisheit Anfang

Bei all der Sorge wie auch Euphorie rund um die künstliche Intelligenz führt dieser Ausspruch von René Descartes auf den Boden der Wissenschaft zurück. Künstliche Intelligenz im Allgemeinen und generative Künstliche Intelligenz im Speziellen bieten gerade auch in der Geoinformatik völlig neue und spannende Handlungsfelder. Lagebeziehungen können semantische Zusammenhänge und Kausalität in das rein statistisch getriebene Halluzinieren künstlicher Intelligenz einbringen. Mit wissenschaftlicher Neugierde, einer gesunden Portion Skepsis und einem kühlen Kopf bei der Bearbeitung des Themas kann die räumliche Perspektive helfen, die Intelligenz von Maschinen weise zu nutzen.

de Vries, A. (2023). The growing energy footprint of artificial intelligence. Joule, 7(10), 2191-2194. https://doi.org/10.1016/j.joule.2023.09.004

Hölzle, U. (2009). Powering a Google search. Official Google Blog, 11. https://googleblog.blogspot.com/2009/01/powering-google-search.html

Li, P., Yang, J., Islam, M. A., & Ren, S. (2023). Making ai less” thirsty”: Uncovering and addressing the secret water footprint of ai models. https://doi.org/10.48550/arXiv.2304.03271