GIS in Aktion

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Die Vielseitigkeit der Geoinformatik bzw deren Einsatz wird im Folgenden anhand dieser Anwendungsgebiete illustriert:

Ressourcenmanagement
   Forstwirtschaft
Ökologie und Naturschutz
   Verbreitungsmodelle
   Umweltinformationssysteme
Katastrophenschutz und -management
   Klimawandel & Gesundheit
Regional- und Landesplanung
Kommunale GIS
Leitungs- und Transportnetzwerke
   Mobilitätsforschung
Business Geographics

Für diese und viele weitere Anwendungsdomänen finden Sie Beispiele in dieser laufend aktualisierten Sammlung Link.

Lernziele

Nach Bearbeitung dieser Lektion ...

  • kennen Sie den Mehrwert von GIS in einigen Anwendungsdomänen.
  • sind Sie in der Lage, für Ihren eigenen fachlichen Hintergrund den Beitrag räumlicher Information zu beschreiben.
  • können Sie erste praktische "GIS-Schritte" in alltagsnahen Praxisbeispielen machen.

Bloodworth
Videointerview mit Andrew Bloodworth vom British Geological Survey zum GIS-Einsatz in der Bergbauindustrie

 

1.1 Ressourcenmanagement

Die wirtschaftliche Nutzung natürlicher Ressourcen ist untrennbar mit unserem Alltagsleben verbunden. Sie muss jedoch zur Minimierung negativer Effekte in bestmöglicher Form geschehen.

GIS FischereiDie schonende und nachhaltige Inanspruchnahme geogener (z.B. Bergbau, auch Wasserwirtschaft) und biogener (z.B. Agrar- und Forstwirtschaft, Fischerei) Rohstoffe kann nur unter Berücksichtigung zahlreicher anderer räumlicher Rahmenbedingungen erfolgen, so dass GIS schon seit langem zu den unentbehrlichen Managementinstrumenten der ressourcen-orientierten Wirtschaft gehören.
Vor allem bei großen Tagebauen und in der Forstwirtschaft haben GIS-Anwendungen lange Tradition. Dies gilt sowohl für den Bereich der Dokumentation (Karten- und Berichtswesen), wie auch für analytische und modellierend-optimierende Anwendungen.
Forstbetriebe sind in der Lage, ihre Flächenbewirtschaftung mit Hilfe von GIS durchzuführen um so das Flächenmanagement zu verbessern. Die große Zahl von praxisorientierten AnwenderInnen wird auch durch spezialisierte Publikationen und Konferenzen und ein differenziertes Anbietersegment illustriert. Betrachten wir ein Beispiel aus der Forstwirtschaft.

   

Forstwirtschaft

Ein Forstbetrieb arbeitet innerhalb seiner Wirtschaftsfläche mit exakt vermessenen Teilflächen, die als elementarer Bestandteil meist weitgehend homogenes Alter, definierte Baumartenzusammensetzung etc. aufweisen. Jeder dieser Bestände ist mit periodisch erhobenen Charakteristika zu Bestandeshöhe, Zuwachsleistung, Zustand, Dichte etc. gekennzeichnet.
WaldinfoplanUm für jeden Standort die bestgeeignete Baumart festzustellen, werden Boden, Feuchte und Topographie (Neigung, Höhe, Exposition) als Eingangsdaten für Wuchsleistungsmodelle benötigt. Am anderen Ende des Nutzungszyklus werden aus Ernteaufwand, Bringungskosten und Holzmasse die zu einem gegebenen Marktpreis günstigsten Erntebestände identifiziert.
Somit besteht das GIS eines Forstbetriebes aus einem laufend fortgeschriebenen, zentralen Datenbestand der Teilflächen, kollateralen Informationen zu Terrain, Böden etc. und funktionalen Komponenten mit Schwerpunkt auf spezialisierten Modellen und hochwertiger Kartographie.

waldbestand
Öffnen Sie die interaktive Onlinekarte der Waldbestände in Europa durch einen Klick auf das Bild.

Beispielhafte Fragestellungen, die mit Hilfe von GIS beantwortet werden können, sind:

  • Welche Flächen gehören der Nutzungsklasse A (z.B. Schutzwald) an?
  • Welche Flächen unterliegen der Nutzung A und weisen eine Hangneigung von weniger als 30° auf?
  • Wie groß sind die Bringungsdistanzen zur nächsten Forststraße?
  • Wie gut ist insgesamt die Reviererschließung mit Forststraßen?
  • Wie ist die Erreichbarkeit der nutzbaren Bestände oder einer bestimmten Betriebsklasse?

Fragen zur wirtschaftlichen Nutzbarkeit von Espenbeständen werden in der folgenden Aufgabe beispielhaft beantwortet.

beispiel Aufgabe Forstmanagement

 

 

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1.2 Ökologie und Naturschutz

Der Schutz und die Erhaltung der biotischen und abiotischen Ressourcen unserer Umwelt, sowohl auf Ebene von Arten ("Artenschutz") als auch auf Ebene von Ökosystemen und funktionalen Beziehungen, ist Aufgabe des Naturschutzes.
Geographische Informationssysteme nehmen dabei eine wichtige Rolle bei der Inventarisierung, d.h. der Erhebung und Darstellung des Ist-Zustandes, bei der Modellierung möglicher zukünftiger Entwicklungen und beim Monitoring über längere Zeit ein.
Beispielsweise sind für den wirksamen Schutz von Pflanzenarten fundierte Kenntnisse über Verbreitung, Häufigkeit, Populationsgrößen, Standortbindung, Vergesellschaftung und Biologie der einzelnen Arten notwendig. Aus diesen Parametern können, vor allem bei längerfristiger Beobachtung, Aussagen über die aktuelle Bestandssituation und -entwicklung, den Grad der Gefährdung sowie die Ursachen des Rückgangs und die Art der Bedrohung ermittelt werden. Ähnliches lässt sich konzeptionell natürlich auch auf den Schutz von Tierarten oder ganze Lebensräume und Ökosysteme übertragen.

Da räumliche Daten zum Naturschutz in vielen Anwendungsfällen des Alltags in Verwaltungen oder Planungsbüros zu berücksichtigen sind (denken Sie beispielsweise an Genehmigungsverfahren bei Infrastrukturprojekten), stellen immer mehr Behörden ihre diesbezüglichen Daten im Internet zur Verfügung. Dadurch entfällt im besten Fall das langwierige und nicht selten kostenpflichtige Suchen und Anfordern notwendiger Daten.

beispiel

In Österreich ist das Portal data.gv.at Link zentrale Anlaufstelle für offene, behördliche Daten. Besuchen Sie das Portal und suchen Sie nach Datensätzen, die mit dem Schlüsselwort "Naturschutz" versehen sind. Sie werden erstaunt sein von der Fülle an Daten, die verschiedenste Behörden bereit stellen!
Gleiches gilt übrigens auch für die deutschen (govdata.de Link) und schweizer (opendata.swiss Link) Pendants.

   

In der folgenden Übung werden Sie mit offenen Behördendaten aus dem Bereich des Natur- bzw. Landschaftsschutzes arbeiten.

beispiel Übung Baumkataster

 

  • Die Klimawandel Reports der Audubon Stiftung bauen direkt auf einem GIS auf. Sehen Sie selbst.
    Audubon
 

Artenspezifische Verbreitungsmodelle

Eine Anwendung von GIS im Naturschutz ist die Erstellung von artenspezifischen Verbreitungsmodellen. Da bei den wenigsten Arten eine flächendeckende Untersuchung möglich ist, gibt es bewährte Methoden regelhafter und stichprobenartiger Punkt-, Raster- und Linienaufnahmen. Allerdings gilt es zu beachten, dass Aussagen, die sich auf Stichproben stützen, immer auch mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit behaftet sind. Dabei ist allgemein zwischen systematischen und zufälligen Fehlerquellen zu unterscheiden.

Verbreitungskarte
Über das Internetportal CSCF Link können faunistische Verbreitungskarten für die Schweiz abgerufen werden.

Ausgehend von Stichproben helfen räumliche Informationssysteme die Verbreitung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu modellieren. Dabei werden viele Datenschichten berücksichtigt: Topographie (Hangneigung, klassifizierte Höhenstufen, Exposition), Geo- und Biosphärenmerkmale, Klima, Nutzungstypen und viele mehr. Mit diesen räumlichen Variablen können, mittels statistischer Methoden, typische Standortscharakteristika abgeleitet werden.
Hier kehrt sich dann die Arbeitsweise sozusagen um: indem die identifizierte Kombination räumlicher Variablen mit dem Vorkommen einer Art verbunden wird, können mit einem GIS Karten einer potentiellen Verbreitung erstellt werden - in meist höherer Qualität und Konsistenz und zu wesentlich geringeren Kosten als eine Vollflächenkartierung.

   

Umweltinformationssysteme

Umweltinformationssysteme können einerseits sektorale Fachanwendungen einzelner Verwaltungs- und Planungsbehörden sein, dann sind sie auch unter dem Punkt Regional- und Landesplanung zu betrachten. Sie sind jedoch nicht zwangsläufig an bestimmte Hoheitsgrenzen gebunden, auch grenzüberschreitende Lösungen sind denkbar und teilweise realisiert.

Altlastenkataster
Der Altlastenkataster Link des österreichischen Umweltbundesamtes informiert nicht nur über die Standorte rezenter bzw. sanierter Altlasten, sondern verknüpft ausführliche Berichte mit jedem der Standorte.

Bei umfassenden Umweltinformationssystemen sind nicht nur "harte" Daten (Messwerte) erfasst, sondern auch Gutachten, rechtliche Festlegungen und Information über Umweltinformation (sog. Metainformation).
Umweltinformationssysteme dienen der Verbesserung des Informationstandes über Umweltprobleme und der Verbesserung der jeweiligen Umweltsituation. Sie unterstützen eine ökologisch orientierte Planung bzw. Raumordnung und tragen zur Transparenz von konkreten Eingriffen auf Basis der aktuellen Gesetzeslage bei. Letzteres ist beispielsweise im Zusammenhang mit der Beseitigung von Umweltbelastungen eine durchaus brisante Angelegenheit.zum Seitenanfang

   

1.3 Katastrophenschutz und -management

Hier steht nun der Mensch, in Verbindung zur zuvor behandelten Umwelt, im Mittelpunkt unseres Interesses: die dauernden oder spontanen negativen Auswirkungen ("Katastrophen") der technischen oder natürlichen Umwelt auf sein momentanes oder längerfristiges Wohlbefinden.
Damit sind von vornherein räumliche Beziehungen definiert, die auf Distanzen, Geschwindigkeiten, Nachbarschaften und anderen räumlichen Konstrukten basieren. Geographische Informationssysteme sind somit ein unentbehrliches Instrument zur Analyse und Vorhersage möglicher Katastrophen, zur aktuellen Information aber auch zur bestmöglichen Reaktion im Katastrophenfall.

LandslidesBei der Analyse und Modellierung zur Vorhersage möglicher Katastrophen dienen GI Systeme zur systematischen Untersuchung vergangener Ereignisse. Daraus können Regelhaftigkeiten abgeleitet werden, die wiederum für die Berechnung von Eintrittswahrscheinlichkeiten verwendet werden. Beispielsweise kann mithilfe solcher probabilistischen Modellen aus den räumlichen Variablen Topographie, geologischer Untergrund, hydrographische Verhältnisse, Bodenaufbau und Bewuchs die Wahrscheinlichkeit von Murenabgängen bei Niederschlagsereignissen unterschiedlicher Intensität berechnet werden.

Hochwasserportal
Hochwasserportal Link des Bundes mit aktuellen Pegelständen und Hochwassermeldungen

Bei Eintritt von Katastrophenereignissen kommt dem zeitlichen Faktor bei der Informationsbereitstellung besondere Bedeutung zu. GIS mit entsprechender Anbindung an Webservices und Datenbanken bieten die Möglichkeit Sensordaten (z.B. von Pegelmessstellen) in Echtzeit in Karten darzustellen und so alle involvierten Akteure - von BewohnerInnen betroffener Gebiete, bis zu Behörden, Einsatzkräfte und Versicherungen - mit relevanter Information zu versorgen.

GI Systeme sind nicht nur wichtiger Bestandteil in der (kartenbasierten) Informationsbereitstellung, sondern werden im Katastrophenfall auch für die Koordination von Evakuierungs-, Rettungs- und Aufbaumaßnahmen eingesetzt. Die beiden zentralen Fragen "Was ist wo?" und "Wo ist was?" haben gerade im Katastrophenfall eine besondere Dringlichkeit. Durch die Kombination von digitalen Datenbeständen (z.B. Straßendaten) mit Echtzeitdaten aus diversen Messstellen (z.B. Verkehrszählung) und Fernerkundungsdaten (z.B. so genannte Post-Event Aufnahmen) können innerhalb kürzester Zeit mitunter überlebensnotwendige Informationen bereitgestellt werden. In Beispielen, wie dem eben angeführten, wird die vielfältige und "mächtige" Rolle geographischer Informationssysteme deutlich: sie können Daten sammeln und verwalten, miteinander in Beziehung setzen und in intuitiver Form ausgeben. Basierend auf diesem Potential unterhält die UNO ein eigenes Programm namens UN-Spider Link.

   

Klimawandel & Gesundheit

Umweltveränderungen in Folge des Klimawandels wirken sich unter anderem auch auf die menschliche Gesundheit aus. Während sich die Bevölkerung in den wohlhabenderen Erdgegenden auf geänderte Umwelteinflüsse und Gesundheitsrisiken relativ problemlos einstellen kann, sind die Ärmsten diesen Änderungen meist sehr unmittelbar und schutzlos ausgeliefert.
MoskitoVektorübertragene Krankheiten (die häufigsten Vektoren, d.h. Überträger, sind Stechmücken, Zecken oder ähnliches) sind durch den spezifischen Lebensraum der Überträger, die vielfach entlang von Gewässern zu finden sind, eng mit Umweltveränderungen verbunden. Anhand von Verbreitungsmodellen kann das Auftreten von bestimmten Krankheiten bzw. deren Überträgern gut modelliert werden. Darüber hinaus bieten geographische Informationssysteme die Möglichkeit die Auswirkung auf betroffene Bevölkerungsgruppen zu modellieren bzw. analysieren. Dabei werden sowohl die direkten (Ansteckung) als auch die indirekten Folgen - beispielsweise Nahrungsmittelknappheit durch die Ansteckung von Nutztieren - berücksichtigt. Die Ergebnisse dieser Analysen helfen bei der Optimierung der Hilfeleistung und vor allem bei der Prävention.

healthyfuture
Im Malaria-Atlas Link der WHO kann die Verbreitung verschiedener Krankheitsüberträger über die Zeit erkundet werden.

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1.4 Regional- und Landesplanung

Gebietskörperschaften auf allen Ebenen (Gemeinden, Kreise/Bezirke, Bundesländer/Kantone) zählen, bedingt durch ihre hoheitlichen Aufgaben in der Administration und Planung, zu den prominentesten Gruppen unter den großen GIS-Betreibern bzw. Nutzern. Ein wesentlicher Aufgabenbereich ist dabei die Raumplanung mit vielen unterschiedlichen sektoralen Planungsthemen. Geographische Informationssysteme helfen hier die verschiedensten Datenschichten zu verwalten, miteinander in Beziehung zu setzen und daraus relevante Planungsinformation abzuleiten. Bei der Verwaltung von Staaten oder Ländern spricht man häufig auch von LIS (Land-Informationssystem); ein Akronym, das sich im behördlichen Schweizer Datenaustauschformat "INTERLIS" Link wiederfindet.

In den letzten Jahren rückt das Thema einer verbesserten Bürgerbeteiligung bei Planungsprozessen in den Vordergrund. Internet-basierte GIS-Lösungen, mit denen auf Basis einer gemeinsamen Kartengrundlage Planungsszenarien eingezeichnet und kommentiert werden können, etablieren sich hier als effektives Kommunikationswerkzeug zwischen allen Akteuren.

Beispiel

MORECO Haushaltsrechner

Eine wesentliche Aufgabe hoheitlicher Raumplanung ist die Bereitstellung von Flächen für unterschiedliche Nutzungen und die dafür geeignete, infrastrukturelle Anbindung. Wie rezente Debatten in den Medien demonstrieren, ist dies ein heikles, zumeist emotionales Thema. Schlagwörter wie "Zersiedelung" sind ebenso häufig zu finden wie "Bodenspekulation" oder "Wohnungsnot". Um Behörden ein Werkzeug zur evidenzbasierten Entscheidungsfindung bei ihren Planungstätigkeiten zur Verfügung zu stellen, wurde der MORECO Haushaltsrechner entwickelt. Gleichzeitig dient diese Webanwendung auch zur Bürgerinformation, beispielsweise bei der Wahl des Wohnorts oder beim Kauf einer Immobilie.

MORECO
Oberösterreichischer Haushaltsrechner basierend auf MORECO Link: Ergebnis der Kalkulation des Mobilitätsaufwands eines Beispielstandorts.

Basierend auf einer Fülle von räumlichen Daten und diversen Statistiken, berechnet der MORECO Haushaltsrechner den ungefähren Mobilitätsaufwand je Wohnstandort. Dabei wird auf typische GIS-Funktionalitäten zurückgegriffen: räumliche Abfrage, Verschneidung und Distanzmessung.

 

1.5 Kommunale GIS

Gemeinden als Gebietskörperschaften der untersten Ebene stehen in direktem Kontakt mit Leben und Wirtschaft und sind die konkrete Standortumgebung für Wohnung, Betrieb und Lebensraum. Daraus ergibt sich eine Fülle von räumlichen, vorwiegend standortgebundenen Aufgaben, die auf Grund der immer höheren Nutzungsintensität und damit vermehrten Nutzungskonkurrenz des Raumes und der ständig steigenden Zahl administrativer Aufgaben ohne EDV-Unterstützung nicht mehr zu bewältigen ist.
Die Vielzahl der raumgebundenen Sachverhalte und Aufgaben lässt dafür sprechen, einem GIS eine zentrale, wenn nicht übergreifend - organisierende Rolle der kommunalen Informationsverarbeitung zukommen zu lassen. Zu den wichtigsten Themenbereichen zählen:

  • Evidenthaltung von Stadtgrundkarte, Kataster ... Grundstücksverwaltung und Meldewesen.
  • Verwaltung von Sondereinrichtungen ("Baumkataster", "Friedhofskataster", "Grünflächenkataster" etc.).
  • Baubehördliche Maßnahmen ("Baurechtskataster","Bauleitplanung", "Baulastenverzeichnis", "Bebauungsplan").
  • Flächennutzungsplanung (Deutschland) bzw. Flächenwidmungsplanung (Österreich).
  • Dokumentation und Planung von Ver- und Entsorgungseinrichtungen ("Leitungskataster", "Kanalkataster" etc.).
  • Management von öffentlichen Dienstleistungen und Notfallsituationen (Schulbezirke, Feuerwehreinsatzleitplan, Katastrophenpläne etc.).

Da viele dieser Aufgaben über die räumliche Lage eng miteinander verflochten sind und eine oft hohe Transaktionsfrequenz aufweisen, gehören Entwurf und Einrichtung kommunaler GIS zu den anspruchsvollsten Aufgaben.

Urban Browser Bauleitplanung der Stadt Waldkraiburg Link

Aufgaben

  • Umfassende Erhebung des Aufgaben- und Tätigkeitsprofils
  • Analyse der Arbeitsabläufe
  • Identifikation des Datenbedarfes
  • Bewertung von Erfassungsalternativen, oft umfassende Neuvermessung und -erhebung
  • Abstimmung mit Nachbargemeinden und übergeordneten Gebietskörperschaften
  • Neuorganisation von Abläufen
  • Integration in sonstige Verwaltung
  • Gewährleistung von Aktualität und Integrität der gesamten Datenbasis.

Probleme

  • Die Abstimmung mit den zahlreichen sonstigen kommunalen EDV-Anwendungen stellt BetreiberInnen immer wieder vor schwer lösbare Probleme.
  • Die übliche strikte Trennung der Aufgabenbereiche verschiedener Behörden und Ämter innerhalb einer Kommune, bzw. zwischen verschiedenen Abteilungen erschwert ein übergreifendes Informationssystem, vor allem hinsichtlich der Datenpflege, -nachführung und -verantwortlichkeit.

 

 

Immer mehr Kommunen verwenden K-GIS nicht mehr nur zur Datenhaltung und als Grundlage für Web-GIS Anwendungen, sondern als Plattform für BürgerInnendialoge. Ein sehr bekanntes Beispiel ist der britische Dienst FixMyStreet Link, mittels dem die entsprechenden Behörden über Probleme, Baumängel etc. informiert werden. Ähnliche Anwendungen und dazugehörige mobile Anwendungen sind mittlerweile in sehr vielen Städten zu finden.

Beispiel

Übung Kommunale GIS

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1.6 Leitungs- und Transportnetzwerke

BetreiberInnen von Ver- und Entsorgungsnetzen, wie Strom, Wasser, Gas, Kanal, Telefon etc., haben mit der Transportwirtschaft (vorrangig im Straßenverkehr) eines gemeinsam: sie benützen Transportwege in der Form von Netzwerken.
Dies führt bei Datenbasis wie auch analytischem Instrumentarium zu einigen Gemeinsamkeiten, wenn auch eine hydraulische mit einer elektrischen Netzlastberechnung und diese wiederum mit einem dynamischen Verkehrsauslastungsmodell auf den ersten Blick wenig zu tun haben.

Die wesentlichen Anforderungen von NetzbetreiberInnen an ein GIS umfassen:

  • eine hervorragende Datenbank-Anbindung (AbnehmerInnen, Anlagen, Netzbetriebsdaten),
  • eine gute strukturelle (Netz-Topologie) und exakt geometrische Anlagenabbildung sowie
  • Integrationsmöglichkeiten weiterer Datenquellen für diverse analytische Aufgaben.

Gasnetzkarte Gasnetzkarte Österreichs. Details dazu finden sich auf der Webseite Link der e-control.

Beispiel

  • Ähnlich gelagerte Problemstellungen sind aus der Routenoptimierung für Einsatzorganisationen bekannt. Wie entscheidend GIS Know-How dabei ist, zeigt dieser Beitrag.

Optimierung von Gütertransporten

Zahlreiche Straßentransportinformations- und optimierungssysteme sind heute auf der Basis digitaler Straßennetz - Pläne im Einsatz. Diese dienen der Tourenplanung, Lagerstandort- und Verteilungsnetzplanung, aber auch der kurzfristigen, bedarfsorientierten Optimierung und der Reaktion auf modifizierte Transportanforderungen. Die Berücksichtigung von

  • mittlerer Fahrgeschwindigkeit,
  • Straßenzustand und -auslastung,
  • Grenzübertritten und
  • kurzfristigen Hindernissen

trägt zur Effizienzsteigerung und damit Kostensenkung von Transportunternehmen bei.
Wie weit die Effizienzsteigerung dank GIS getrieben werden kann, zeigt der Paketzusteller UPS, der seine Zustellfahrzeuge so routet, dass die Anzahl der Linksabbiege-Manöver gegen Null reduziert Link wird.

In der englischsprachigen Literatur ist häufig von GIS-T (Geographical Information Systems for Transportation) die Rede.

 

Mobilitätsforschung

In den vergangenen Jahren hat die räumliche Informationsverarbeitung in der Mobilitätsforschung deutlichen Aufwind erlebt. Konzeptionell lässt sich dies mit der einfachen Feststellung begründen, dass Mobilität, also die Möglichkeit und Fähigkeit sich von einem Ort zum anderen zu bewegen, an sich räumlich ist. Die Bearbeitung von Mobilitäts-bezogenen Forschungsfragen in einem GIS ist von daher naheliegend. Netzwerkanalysen, wie Routenoptimierungen oder die Abgrenzung von Einzugsgebieten, oder die Verschneidung mehrerer thematischer Informationsschichten, sind beispiele für etablierte GI Konzepte, die in der Mobilitätsforschung zu einem unmittelbaren Erkenntnisgewinn führen. Abgsehen davon haben sich in der jüngeren Vergangenheit zwei Innovationsfelder aufgetan, die zu einem Näherrücken von GIS und der Mobilitätsforschung geführt haben:

 
  1. Datenmodelle: die Modellierung von Bewegungsdaten (z.B. Tracking-Daten) ist durch die sowohl räumliche als auch zeitliche Charakteristik der Daten keine triviale Angelegenheit. Spezielle Datentypen in Datenbanksystemen erlauben jedoch zunehmend eine performante Verarbeitung raum-zeitlicher Daten.
  2. Datenverfügbarkeit: mobile Geräte die lokalisierbar sind und eine Fülle vernetzter, räumlich verorteter Sensoren haben zu riesigen Datenmengen geführt, die in der Mobilitätsforschung gewinnbringend verarbeitet werden. Dazu kommt die wachsende Anzahl offener Daten zur Infrastruktur (z.B. OpenStreetMap ) und deren Nutzung (z.B. Mobilitätserhebung ).

Mobilitätsmuster, die aus so genannten Hand-Over Daten von Mobilfunkbetreibern abgeleitet werden können (Sagl et al. 2012 ).

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1.7 Business Geographics

Die Bezeichnung Business Geographics fällt im Zusammenhang von GIS-Anwendungen mit Begriffen wie z.B.:

  • Marketing und Marktforschung (Geo-Marketing)
  • Standortsuche und -analyse
  • Einzugs-/ Verkaufsgebietsanalyse
  • Direkt Marketing
  • Vertriebsbewertung
  • Gebietsplanung und -analyse
  • Marktstrukturanalyse
  • Potenzialanalyse

Im Mittelpunkt stehen Überlegungen bzgl. der "richtigen" Kombination von Dienstleistungsangebots- und Konkurrenzstandorten und KundInnen(wohn)orten oder eben die Information "wo sind die für mein Angebot wahrscheinlichsten KundInnen?".

Vertiefung

Welche fundamentale Rolle GIS in Geschäftsanwendungen spielt in diesem Magazinartikel sehr gut dargestellt: Why location is fundamental to all business processes Link.

   

Postwurfsendung
Mit einem Geomarketing-Portal Link bietet die österreichische Post AG die Möglichkeiten zur Planung von Postwurfkampagnen.

Daneben erwartet man aus der Kombination von geocodierten KundInnenadressen, Absatzgebieten, demographischen Strukturdaten, Umsatz und Wettbewerbsstandorten Antworten auf Fragen wie:

  • Sind die Verkaufsgebiete optimal?
  • Wieviel Umsatz machen AußendienstmitarbeiterInnen?
  • Wo soll Plakatwerbung platziert werden, wo die nächste "Mailing"-Kampagne stattfinden, wie ist das Verbreitungsgebiet von Rundfunk, Fernsehen, Zeitungen etc.?
  • Wie könnte sich ein Markt entwickeln? Wo befinden sich die umsatzstärksten bzw. -schwächsten Gebiete?
  • Ist eine Neustrukturierung der Außendienstgebiete erforderlich?
  • Wie sind die KundenInnen/Zielgruppen räumlich verteilt?
  • Wie läßt sich das aktuelle Filialnetz optimieren?
  • Wo sind Regionen mit hohem Potential und geringen Marktanteilen?
  • Wie wirkt sich der Einsatz von Werbemitteln regional auf den Umsatz aus?
Beispiel

Aufgabe Regionalstatistik

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